Selbst mit hohen Qualifikationen kann es schwierig sein, als autistischer Hochschulabsolvent einen Arbeitsplatz zu finden. Diese Fallstudie erläutert die Herausforderungen bei der Stellensuche für einen autistischen Doktoranden in Frankreich und gibt Tipps und Einblicke in die Bewältigung der Herausforderungen bei der Arbeitssuche, -bewerbung und -sicherung. Entscheidend war es, die Kollegen einzubeziehen und ihr Verständnis für Autismus zu verbessern.
Wie wurde die Stelle gefunden?
Die Absolventin war auf der Suche nach einer Wohnung und bewarb sich um eine Sozialwohnung. Sie wurde mit einer Fachkraft in Kontakt gebracht, die ihr bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung helfen sollte. Diese Fachkraft arbeitete auch mit autistischen Menschen und hatte Kontakte zur Behindertenabteilung der französischen Regierung. Durch diese Kontakte wurde die Absolventin mit dem Programm Aspie-Friendly (auf französisch: https://aspie-friendly.fr/) in Verbindung gebracht, einem französischen Programm zur Eingliederung von Autist:innen in Universitäten und in die Arbeitswelt.
Mit Hilfe des Aspie-Friendly-Teams konnte die Absolventin Unterstützung bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen erhalten, was sie als schwierig und überwältigend empfand. Sie halfen der Absolventin auch dabei, den eigenen Autismus gegenüber dem Arbeitgeber offenzulegen, so dass der Arbeitgeber ein besseres Verständnis für Autismus und die spezifischen Auswirkungen auf die Absolventin hatte, z. B. ihr Bedürfnis nach Organisation und ihre bevorzugte Art, Dinge zu tun. Zunächst wurde der Absolventin ein Zweijahresvertrag angeboten, doch nachdem sie ihre Fähigkeiten in der Arbeitsumgebung erfolgreich unter Beweis stellen konnte, wurde sie in eine Festanstellung übernommen.
Was waren die Anpassungen?
Dem Forschungsinstitut, in dem die autistische Absolventin beschäftigt war, wurde eine Autismus-Schulung angeboten, die den Mitarbeitenden half zu verstehen, wie man mit autistischen Menschen arbeitet. Darüber hinaus fand innerhalb des Forschungsinstituts eine Diskussion über die Absolventin, ihre Diagnose und deren Auswirkungen auf die Absolventin statt, um sicherzustellen, dass die Kolleg:innen die Bedürfnisse und Vorlieben der neuen Mitarbeiterin verstehen. Außerdem wurde ihr Unterstützung angeboten, um ihr zu helfen, den institutionellen Rahmen zu verstehen, sowie persönliche Unterstützung bei Problemen in ihrem Privatleben, die ihre Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt hatten.
Nach zwei Jahren im Dienst ist die Unterstützung immer noch aktiv, was besonders während der COVID-19-Pandemie von Vorteil war.
Tipps für aktuelle Studierende und Absolvent:innen
- Folgen Sie Ihrer Leidenschaft, geben Sie nicht auf.
- Suchen Sie nach Unterstützungsprogrammen wie Aspie-Friendly in Frankreich.
- Scheuen Sie sich nicht, Ihren Autismus zu offenbaren und sich dabei unterstützen zu lassen. Arbeitgeber können Anpassungen vornehmen, um den Arbeitsplatz für Sie besser zu gestalten.
- Finden Sie Personen, die Ihnen gute Referenzen oder Empfehlungsschreiben ausstellen können.
Tipps, die Sie mit Arbeitgeber:innen teilen können
- Wenn eine Person bei der Einstellung von Diensten wie dem Aspie-Friendly-Programm begleitet wird, setzen Sie sich mit dem Team in Verbindung, um ein besseres Verständnis für Autismus und die Auswirkungen auf die betreffende Person zu gewinnen.
- Berücksichtigen Sie, wie sich Autismus auf Bewerbende auswirken kann, z. B. durch Maskierung, die seine Fähigkeiten im Vorstellungsgespräch beeinträchtigen kann. Wenn Sie dies berücksichtigen, geben Sie autistischen Menschen die gleichen Möglichkeiten und Chancen wie allen anderen.
- Überlegen Sie, inwiefern Vorstellungsgespräche für Autist:innen eine Herausforderung darstellen können. Gibt es eine bessere Möglichkeit für sie, ihre Fähigkeiten zu präsentieren?
- Fragen Sie die autistische Person, was ihr helfen würde, effizienter zu arbeiten, z. B. häufigere Pausen, flexible Arbeitszeiten, Mentor:innen usw.
- Zugang zu Unterstützung nach der Einstellung, um Hilfe bei möglichen Problemen zu bieten.
- Bieten Sie autistischen Arbeitnehmenden Unterstützung während des gesamten Beschäftigungsprozesses an, nicht nur bei der Einstellung.